Wie fängt man mit dem Laufen an?
Vítek Pavlišta, zweifacher We Run Prague-Sieger, dreifacher tschechischer Meister im Halbmarathon und amtierender tschechischer Meister im Marathon erzählt von seinen Laufanfängen und wie du am besten starten kannst.
Vielleicht wirst du dich wundern, aber für mich ist es nicht einfach diese Frage sinnvoll zu beantworten. Ich wuchs in einer sportlichen Familie auf. Von klein auf wurden wir zur körperlichen Betätigung erzogen und überhaupt wurden wir nicht gerade mit Samthandschuhen angefasst. Beide Elternteile waren sehr sportlich und als mein Bruder und ich groẞ genug waren, um einigermaẞen ein Fahrrad zu betätigen und Langlaufski zu fahren, wurden wir überall hin mitgenommen. Ich war jünger und weniger geschickt als mein Bruder, auẞerdem wurde ich oft wütend, deshalb lieẞen sie mich mit meinen Wutausbrüchen meistens hinter sich und fuhren einfach weiter. Ab und zu kam dann jemand zurück, um nachzusehen, ob ich mich vorwärts bewege und keinen Blödsinn mache. Ich weinte, aber fuhr.
In meiner Kindheit liefen wir nicht, dafür gingen wir sehr viel
Zwar hatten wir ein Auto, aber um unsere Omas zu besuchen, welche 20 km weit entfernt wohnten, gingen wir ausschlieẞlich zu Fuẞ. Nachmittags hin und abends bei Dunkelheit zurück. Mein Bruder und ich waren wirklich jeden Tag in Bewegung. Zur Schule und diversen Freizeitbeschäftigungen fuhren wir meistens mit dem Fahrrad oder gingen zu Fuẞ um Fahrgeld zu sparen, welches wir dann als Taschengeld behalten durften.
Als ich mein erstes Rennen lief - Langlauf-Cross - war ich etwa 10 Jahre alt. Ich bekam von meinen Eltern Sportschuhe (Marke Sprandi, falls sich jemand an dieses furchtbare Schuhwerk erinnern sollte), welche ich zu allem nutzte. Zum Laufen, Fahrradfahren, im Sportunterricht und zum Gehen. Damals haben wir daraus kein Drama gemacht. Und in diesen Schuhen, welche ich heutzutage nicht einmal zum Unkraut jäten anziehen würde, gewann ich diese Rennen ohne jegliches Training. Obwohl ich ein pausbäckiger Bub war und schlanke, sportliche Skilangläufer gegen mich antraten, war ich einfach schneller.
Mein Bruder und ich waren körperlich sehr begabt, deswegen fällt es mir schwer in dieser Angelegenheit jemanden zu beraten. Für mich ist Laufen kein großes Ding, aber für jemanden, der aus einer eher unsportlichen Familie kommt, könnte es einige Unklarheiten rund ums Laufen geben. Ich versuche nun ein paar - aus meiner Sicht - wichtige Punkte hervorzuheben.
Motivation
Motivation zu haben, ist meiner Meinung nach die wichtigste Voraussetzung um mit dem Laufen anzufangen und dabei zu bleiben. Die Vision von etwas zu haben, was dich bei jeder Wetterlage rausjagt und, auch wenn es unangenehm ist und wehtut, du am Ende ein gutes Gefühl hast. Jeder unangenehme Lauf bringt dich etwas näher ans Ziel. Dein Ziel kann etwas, wenigstens ein bisschen reales sein. Wenn du dieser Vision allmählich näher kommst, verschärfe sie. Ich hatte anfangs die gleiche Motivation wie wahrscheinlich viele von euch. Das mag jetzt vielleicht eine groẞe Überraschung sein, aber auch ich wollte einst abnehmen. Ich war der dickste der ganzen Familie und meine Verwandten haben mich aufgrund meiner Verfressenheit gehänselt. Nun bin ich schlank und keiner lacht mich mehr aus. Ziel erfüllt, ein neues habe ich mir gesetzt.
Gehe schrittweise vor
Sei nicht ungeduldig, setze dir reale Ziele, damit du am Ende nicht enttäuscht oder gar verletzt bist. Fang mit dem Laufen an, wenn es dir Spaß macht, fang an zu trainieren und an Wettkämpfen teilzunehmen, wenn es dir Spaß macht. Auch ich bin diesen Weg gegangen. Von Anfang an ein striktes, systematisches Training zu verfolgen macht aus meiner Sicht keinen Sinn und würde dich nur vergraulen. Dazu muss man sich sozusagen “durchlaufen”.
Die Technik kommt von alleine
Es gibt etliche Anleitungen, wie man laufen oder nicht laufen sollte. Jeder solche Artikel geht viel zu wissenschaftlich vor und empfiehlt, dass man auf die Fuẞmitte, Spitze oder Seitenkante des Fuẞes usw. auftreten soll. Meiner Meinung nach ist es nicht so kompliziert und die Technik deines Laufens wird sich selbst mit wachsender Kilometerzahl und Geschwindigkeit anpassen. Der Körper passt sich an. Muskeln und Umlaufsystem gewöhnen sich an die Laufbelastung, du wirst schneller und gewöhnst dich allmählich ganz auf natürlichem Weg ans Laufen über die Spitze. Man kann nämlich gar nicht anders schnell Laufen.
Lege dir Laufausrüstung zu!
Damit meine ich vor allem Schuhe. Das was Sporthändlerketten oft als Laufschuhe verkaufen ist wirklich nicht zum Laufen geeignet. Eigentlich sind die meisten Fitness- und Sportschuhe nicht zum Laufen gedacht, und wenn du dir unsicher bist, lass dich in einem Lauffachgeschäft beraten. Das ist meiner Meinung nach die einzige Sache, die sich von Anfang an wirklich lohnt.
Trainiere!
Nicht umsonst heiẞt es, dass man die gleiche Zeit, welche man mit Laufen verbringt, in seine Kompensation investieren sollten. Über Stretching und verschiedene Übungen gibt es im Internet unendlich viel Material. Fokussiere dich auf Stärkung der Körpermitte und gleichzeitig Lockern der Muskeln im Bereich der Lendenwirbel und Beckenboden. Dieser Bereich absorbiert einen Großteil der Stoßbelastung beim Laufen. Nehme wahr, was Dir weh tut, woher die Schmerzen kommen und konzentriere dich aufs Auflockern dieses Bereiches. Beobachte nach einiger Zeit deine Laufschuhsohlen. Auch die verraten einiges darüber, wie du läufst, wo du entlastest und was du belastest. Auf jeden Fall empfehle ich von Zeit zu Zeit einen guten Physiotherapeuten zu besuchen. Idealerweise als Vorbeugung und bevor Schmerzen auftreten.
Übertreib es nicht!
Dieser Rat deckt sich teilweise mit der Empfehlung zum stufenweisen Lauffortschritt. In diesem Punkt möchte ich aber nicht über Verletzungen und Übertraining sprechen. Laufen ist lediglich ein Hobby und dein Vergnügen nach Feierabend. Du musst nicht dein ganzes Leben deswegen umkrempeln, alle Freunde über Bord werfen und alles, was du bisher gerne getan hast aufgeben. Nicht jeder ist am Laufen interessiert, und wenn du nach Monaten mal die Zeit findest um sich mit alten Freunden zu treffen und die ganze Zeit davon redest, wie du laufen gehst, ist es gut möglich, dass das nicht so gut ankommt. Ich kenne viele Menschen, die wirklich ununterbrochen vom Laufen reden. Davon, wieviele Kilometer und wie schnell sie gelaufen sind, wie hoch ihr Puls dabei war, wieviel Kalorien sie dabei verbrannt haben und wo sie Schmerzen haben… Du läufst wegen dir und nicht um deinen Freunden etwas zum erzählen zu haben, welche möglicherweise gar nicht laufen und nicht daran interessiert sind. Laufen ist für Sie ein Ausbruch aus dem Alltag und ein Mittel zum abreagieren. Behalte es für dich. Für mich endet mein Training mit dem letzten gelaufenen Abschnitt und interessiert mich weiter nicht. Ich denke, das ist gut so.
Vielleicht bist du nach Lesen dieses Textes etwas enttäuscht und hast erwartet, dass du garantiert bessere Trainings- und Verbesserungs-Tipps von einem erfolgreichen Läufer bekommst. Meiner Meinung nach gibt es aber nicht viel, was man am Anfang unbedingt wissen müsste. Es liegt ganz an dir, deinem Kopf, deinem Engagement, also hau rein. Gut möglich, dass du dir nach einer Weile ein Leben ohne Laufen gar nicht mehr vorstellen kannst.
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